Wissenschaftsbarometer 2020
- Handlungsfeld
- Wissenschaft
Thema
Einstellungen von Bürgerinnen und Bürger gegenüber Wissenschaft und Forschung
Herausgeberschaft
Wissenschaft im Dialog (Hg.)
Erscheinungsort
Berlin
Erscheinungsjahr
2020
Stiftungsengagement
Robert Bosch Stiftung
Literaturangabe
Wissenschaft im Dialog (Hg.): Wissenschaftsbarometer 2020. Berlin 2020.
Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise
Das Wissenschaftsbarometer erhebt seit 2014 jährlich Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gegenüber Wissenschaft und Forschung. Gemeinsam mit einem internationalen, wissenschaftlichen Beirat wird jedes Jahr ein Fragebogen entwickelt, der Fragen und Items aus den Vorjahren beinhaltet, aber auch um neue ergänzt wird. Das Wissenschaftsbarometer wird von Wissenschaft im Dialog (WiD) initiiert – eine gemeinnützige Organisation, die von den deutschen Wissenschaftsorganisationen gegründet wurde. Sie setzt sich für den öffentlichen Austausch über Wissenschaft und Forschung in Deutschland ein und will dabei möglichst viele Menschen an Diskussionen beteiligen. Dafür organisiert WiD Diskussionsveranstaltungen, Schulprojekte, Ausstellungen und Wettbewerbe rund um Forschung und Wissenschaft. Gleichzeitig versteht sich WiD als Ideenwerkstatt und treibt die Weiterentwicklung der Wissenschaftskommunikation voran. Die Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers bilden für diese Arbeit eine wichtige Grundlage.
Hintergrund für das Wissenschaftsbarometer 2020 ist, dass die Corona-Pandemie das gesellschaftliche Zusammenleben grundlegend verändert hat. Die Wissenschaft spielt in der Bekämpfung der Pandemie und für die Lösung der damit einhergehenden gesellschaftlichen Herausforderungen eine zentrale Rolle. Forschende sind daher in den letzten Monaten verstärkt in den öffentlichen und politischen Fokus gerückt.
Im Mittelpunkt der Studie stehen folgende Fragen:
- Wie wirkt sich die Pandemie und das veränderte Verhältnis von Politik und Wissenschaft auf die Wahrnehmung von Wissenschaft und Forschung in der Öffentlichkeit aus?
- Steigt das Ansehen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern?
- Wie nehmen die Bürgerinnen und Bürger aktuell die Kommunikation aus der Forschung wahr?
Das Wissenschaftsbarometer ist eine repräsentative Bevölkerungsumfrage. Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland in Privathaushalten ab 14 Jahren. Befragt wurden 1.016 Personen in Form von computergestützten Telefoninterviews im November 2020. Die Interviews wurden im Rahmen einer Mehrthemenumfrage zentral von Kantar durchgeführt.
Mit dem Wissenschaftsbarometer 2020 wurde die öffentliche Meinung zu Wissenschaft und Forschung intensiv beleuchtet. Viele Daten wurden für den Trendvergleich exakt wie in den Vorjahren erhoben, andere Fragen wurden mit einem direkten Bezug zur aktuellen Corona-Pandemie gestellt. Das Wissenschaftsbarometer 2020 wurde von der Robert Bosch Stiftung gefördert, von der Fraunhofer-Gesellschaft unterstützt und vom Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften (gesis) beraten.
Wichtige Ergebnisse
Wichtige Ergebnisse
Interesse und Informationsverhalten:
- Deutlich wird ein stabiles Interesse an Wissenschaft und Forschung – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie geben 60 Prozent der Befragten an, ein sehr oder eher großes Interesse an wissenschaftlichen Themen zu haben. 25 Prozent zeigen sich unentschieden, während 14 Prozent kein Interesse an Wissenschaft und Forschung haben.
- Wie in allen Erhebungswellen des Wissenschaftsbarometers geht ein höheres formales Bildungsniveau der Befragten mit einem größeren Interesse an Wissenschaft und Forschung einher.
- Wie in den Befragungen der letzten Jahre ist das Interesse an Wissenschaft und Forschung unter Männern größer als unter Frauen: 2020 zeigen sich 65 Prozent der Männer und 54 Prozent der Frauen interessiert.
- Im Vergleich zu 2018 kommt den Websites und Mediatheken von Nachrichtenmedien eine größere Bedeutung zu. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt im November 2020 an, sich dort häufig oder sehr häufig über Wissenschaft und Forschung zu informieren.
Vertrauen in Wissenschaft:
- Im November 2020 geben 60 Prozent der Befragten an, Wissenschaft und Forschung eher oder voll und ganz zu vertrauen. Dieser Wert liegt unter den Werten in zwei Erhebungen des Wissenschaftsbarometers Corona Spezial, die im Frühjahr 2020 durchgeführt wurden, aber über den Werten des Wissenschaftsbarometers in den Vorjahren. In allen drei Wissenschaftsbarometer-Befragungen in 2020 ist der Anteil Unentschiedener geringer als in den Vorjahren. Der Anteil an Befragten, die angeben, Wissenschaft und Forschung eher nicht oder nicht zu vertrauen, ist stabil geblieben. In allen drei Befragungen geht ein höheres formales Bildungsniveau der Befragten mit einem höheren Vertrauen in Wissenschaft und Forschung einher.
- 2020 stimmen mehr Befragte als im Vorjahr zu, dass die Expertise und die Integrität von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen wichtige Gründe sind, diesen zu vertrauen. Ähnlich hoch wie 2019 liegt auch 2020 die Zustimmung zur Aussage, dass die Orientierung am öffentlichen Interesse ein Grund ist, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu vertrauen. 2020 stimmen 49 Prozent eher oder voll und ganz der Aussage zu, dass die Abhängigkeit von Geldgebern ein Grund für Misstrauen ist. 25 Prozent äußern die Ansicht, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oft Ergebnisse ihren eigenen Erwartungen anpassen.
- Vertrauen die Menschen zu sehr der Wissenschaft – und ihren Gefühlen und ihrem Glauben nicht genug? Dieser Aussage stimmen weniger Menschen zu als jemals zuvor im Wissenschaftsbarometer: 40 Prozent sind der Ansicht, dass das nicht der Fall ist.
Wissenschaft in der Gesellschaft:
Die Bewertung des Nutzens von Wissenschaft und Forschung fällt auch vor dem aktuellen Hintergrund ähnlich aus wie in den Vorjahren.
- 2020 stimmen 59 Prozent der Befragten eher oder voll und ganz zu, dass sie persönlich von Wissenschaft und Forschung profitieren.
- Knapp zwei Drittel bewerten den generellen Nutzen von Wissenschaft und Forschung positiv.
- Mit 48 Prozent verneinen mehr Befragte als in den Vorjahren die Aussage, dass Wissenschaft und Forschung mehr schaden als nützen.
- 2020 haben etwa ein Drittel der Befragten die Ansicht, dass sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu wenig bemühen, die Öffentlichkeit über ihre Arbeit zu informieren. Die Zustimmung ist ähnlich hoch wie in den Vorjahren. Ungefähr ein Drittel zeigt sich unentschieden und 29 Prozent der Befragten sind nicht dieser Meinung.
Kontext Corona:
Bereits im Rahmen des Wissenschaftsbarometers Corona Spezial im Frühjahr 2020 wurde das Vertrauen in die Aussagen zu Corona von verschiedenen Akteursgruppen erhoben.
- Wie im Frühjahr ist auch im November 2020 das Vertrauen in die Aussagen von Ärztinnen und Ärzten und medizinischem Personal am höchsten, gefolgt von dem Vertrauen in die Aussagen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
- Der stärkste Rückgang zeigt sich beim Vertrauen in die Aussagen zu Corona von Politikerinnen und Politikern.
- Wie im Frühjahr 2020 stimmen auch im November knapp zwei Drittel der Befragten eher oder voll und ganz zu, dass Kontroversen zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu Corona hilfreich sind und dass sich die richtigen Forschungsergebnisse durchsetzen.
- Mehr Befragte als im Frühjahr 2020 zeigen sich hingegen unentschieden bezüglich der Kommunikation von gesichertem Wissen und noch offenen Forschungsfragen durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich zu Corona äußern.
Das Wissenschaftsbarometer Corona Spezial im Frühjahr widmete sich unter anderem der Rolle von Wissenschaft in der Politik. Auch zu dieser Frage wurden im November nochmals Daten erhoben.
- Ähnlich hoch wie im Frühjahr ist der Anteil derjenigen, die sich aktuell für wissenschaftsbasierte Politik im Umgang mit Corona aussprechen: Etwa drei Viertel der Befragten stimmen eher oder voll und ganz zu, dass die entsprechenden politischen Entscheidungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen sollten.
- Größer als im Frühjahr ist im November der Anteil von 42 Prozent der Befragten, die zustimmen, dass es nicht Aufgabe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist, sich in die Politik einzumischen.
Im Frühjahr und im November 2020 zeigt sich sowohl ein hohes Vertrauen in Wissenschaft und Forschung als auch die mehrheitliche Einschätzung, dass die Corona-Maßnahmen angemessen sind. Dennoch sind im November Aussagen hinzugekommen, die skeptische Positionen zur Corona-Pandemie beinhalten.
- Jeweils etwa 40 Prozent der Befragten stimmen zu, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht alles sagen, was sie über das Coronavirus wissen und dass es deshalb wichtig ist, Informationen zu diesem Thema auch von außerhalb der Wissenschaft zu beziehen.
- 29 Prozent stimmen zu, dass die Corona-Pandemie zu einer größeren Sache gemacht wird, als sie ist – die Mehrheit stimmt hier allerdings nicht zu.
- 15 Prozent sind der Meinung, dass es keine eindeutigen Beweise für die Existenz des Coronavirus gibt – drei Viertel der Befragten stimmen hier nicht zu.
- Bei allen dargestellten Aussagen – mit Ausnahme der Aussage zur Angemessenheit der Corona-Maßnahmen – ist die Zustimmung unter Befragten mit hohem formalen Bildungsniveau geringer als unter Befragten mit mittlerem oder niedrigem formalen Bildungsniveau.
- Eine Mehrheit der Befragten gibt im November 2020 an, sich bei Vorliegen eines zugelassenen Impfstoffs 2021 wahrscheinlich gegen das Coronavirus impfen lassen zu wollen. 15 Prozent wollen dies vielleicht tun und 29 Prozent wollen sich 2021 wahrscheinlich nicht impfen lassen.