Studie

Werte lernen und leben. Theorie und Praxis der Wertebildung in Deutschland

Thema

Förderung der Wertebildung in Bildungsinstitutionen

Herausgeberschaft

Bertelsmann Stiftung

Autoren/Autorinnen

Wilfried Schubarth/Margit Stein/Frauke Hildebrandt/Christa Preissing/Margit Franz/Birgitta Zylla/Benno Hafeneger/Heinz Reinders/Michael Alberg-Seberich/Julia Tegeler

Erscheinungsort

Gütersloh

Erscheinungsjahr

2016

Stiftungsengagement

Bertelsmann Stiftung

Literaturangabe

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Werte lernen und leben. Theorie und Praxis der Wertebildung in Deutschland. Gütersloh 2016.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Ausgangspunkt ist, dass in einer von Wertewandel und Wertepluralismus geprägten Welt die Wertebildung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Angesichts einer Krise der Wertesicherheit bedürfe es einer vermehrten, intensiven gesellschaftlichen Verständigung zu den Fragen, welche Wertebasis unsere Gesellschaft hat und benötigt, wie sich Werte herausbilden und wie Wertesensibilisierung, -kommunikation und -bildung in Institutionen wie Familie, Kita, Schule und Jugendarbeit gezielt gefördert werden können.

Die Beiträge des Sammelbandes beschäftigen sich mit diesem Thema aus verschiedenen Perspektiven. Es wird ein Überblick über gegenwärtige Aktivitäten der Wertebildung gegeben und – auch anhand von Beispielen – gezeigt, was gute Praxis von Wertebildung auszeichnet. Die vielfältigen und vielversprechenden Ansätze und Initiativen sollten nach Ansicht der Autorinnen und Autoren unterstützt und ausgebaut werden und in eine „Offensive für eine wertereflektierende Bildung und Erziehung“ münden. Die Beiträge umreißen erste Konturen einer solchen Gesamtstrategie.

Wichtige Ergebnisse

Anregungen und Empfehlungen für eine offensive Wertebildung

In ihrem Beitrag fassen Wilfried Schubarth und Julia Tegeler wesentliche Aspekte des Themas und des Sammelbandes zusammen und geben Empfehlungen für eine „offensive Wertebildung“. Sie verdeutlichen, dass sich Werte in der Auseinandersetzung des Individuums mit seiner Umwelt herausbilden. Dabei komme der Familie, aber auch den pädagogischen Institutionen wie Kita und Schule sowie dem Werteklima einer Gesellschaft große Bedeutung zu.

Wertebildung werde in den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen als wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung betrachtet, der auf vielfältige Weise gefördert werden kann. Die für Wertebildung sensiblen Altersphasen seien die frühe Kindheit und die Jugend. Deshalb hätten spezifische, altersgemäße pädagogische Angebote in dieser Altersspanne die größte Aussicht auf Erfolg. Als zeitgemäß würden dabei entwicklungsfördernde Ansätze gelten, die die selbstständige Werteaneignung mit dem Ziel einer autonomen, mündigen Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellen und die Alltagserfahrungen von Kindern und Jugendlichen einbeziehen. Da sich Wertebildung stets in Interaktionen mit Bezugspersonen vollziehe, seien Vorbilder besonders relevant.

Wichtig für die Wertebildung sind die verschiedenen Sozialisationsbereiche:

Die Familie sei dabei primär: Sie ist zeitlich gesehen die erste Sozialisationsinstanz, aber auch die Instanz mit dem größten Einfluss auf die Werthaltungen der Kinder. Angebote der Familienbildung unterstützten Eltern bei der Wertebildung und zielten darauf ab, das Erziehungs- und Familienklima zu verbessern, bei den Eltern ein Nachdenken über die eigenen Wertorientierungen anzustoßen und ihnen Möglichkeiten zu vermitteln, die Wertorientierung von Kindern zu fördern.

Als erste wertebildende pädagogische Instanz hätten Kitas vielfältige Möglichkeiten, die Wertebildung von Kindern zu beeinflussen. Die Einflussnahme vollziehe sich meist implizit, über die Art und Weise des Zusammenlebens in der Kita, aber vor allem über die Kommunikations- und Organisationsstruktur und die Erzieherinnen und Erzieher als Werte-Vorbilder. Darüber hinaus könne Wertebildung gezielt unterstützt werden, wenn Werte explizit verdeutlicht und begründet werden.

Der Institution Schule komme bei der Wertebildung eine Schlüsselrolle zu. An diesem Ort finde Bildung und Erziehung aller Kinder und Jugendlichen über einen längeren Zeitraum statt. Fester Bestandteil des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrags sei der Prozess der Werteaneignung und die pädagogisch initiierte Auseinandersetzung mit Werten. Wichtige Gelingensbedingungen schulischer Wertebildung seien ein Wertekonsens, eine wertschätzende Schulkultur, die Wertekompetenz der Lehrerschaft, Schülerpartizipation und Qualitätssicherung. Die Lehrerpersönlichkeit selbst sei als (Werte-)Modell und Vorbild ein entscheidender Faktor schulischer Wertebildung. Lehrkräfte sollten sich ihrer eigenen Werte bewusst sein und im Rahmen eines Schulentwicklungsprozesses an einem Wertekonsens arbeiten.

Auch die Jugendarbeit leiste einen wichtigen Beitrag zur Wertebildung bei Kindern und Jugendlichen. Werte seien im Alltag und in der Praxis ein dauerhaftes, implizites Thema, weil die pädagogischen Angebote immer auch einen wertebildenden Anspruch haben und weil die Jugendphase dort im Austausch mit anderen und mit der Suche nach Identität und Orientierung gelebt wird.

Darüber hinaus werde die Peergroup immer wichtiger für die Wertebildung, da Peers einen nachhaltigen Einfluss auf verschiedene Wertebereiche Heranwachsender haben. Wertebildung in der Peergroup wird vor allem unter dem Begriff des informellen Lernens thematisiert.

Aufbauend auf den Analysen und Beispielen aus den genannten Bereichen werden abschließend einige übergreifende Empfehlungen für eine offensive Wertebildung gegeben, die genauer erläutert werden:

  • Offensive Debatte um Werte und Wertebildung führen
  • Bei der Wertebildung unterstützen (insbesondere vonseiten der Bildungspolitik)
  • Ziele und Wege der Wertebildung klären
  • Wertebildung als obligatorischen Teil der Aus- und Fortbildung der Professionellen verankern
  • Familie als primäre Wertebildungsinstanz stärken
  • Kita als Instanz der Wertebildung erkennen und ausbauen
  • Schule zu einer zentralen wertebildenden Instanz gestalten
  • Versteckte Potenziale der außerschulischen Jugendarbeit nutzen
  • Wertebildendes Potenzial der Peers erkennen und fördern
  • Arbeit mit Vorbildern verstärken
  • Fokus auf Wertekompetenz legen
  • Entwicklungsfördernde Ansätze nutzen
  • Integrativ ausgerichtete Ansätze ausbauen
  • Vorhandenes Wissen zur Wertebildung verbreiten
  • An Good-Practice-Beispielen orientieren
  • Vernetzung von Akteuren und Institutionen fördern
  • Forschung, Entwicklung und Qualitätssicherung intensivieren
  • Internationalen Austausch fördern

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