Fachpublikation

Medieneinsatz im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht

Thema

Digitale Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht

Herausgeberschaft

Mathias Ropohl/Anke Lindmeier/Hendrik Härtig/Lorenz Kampschulte/Andreas Mühling/Julia Schwanewedel

Autoren/Autorinnen

Julia Schwanewedel/Anje Ostermann/Hans-Georg Weigand/Andreas Mühling/Heidrun Allert/Anke Lindmeier/Mathias Ropohl/Kirsten Diehl/Markus Gebhardt, Marja van den Heuvel-Panhuizen/Sascha Schanze/Lorenz Kampschulte/Hendrik Härtig

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2018

Stiftungsengagement

Joachim Herz Stiftung

Literaturangabe

Mathias Ropohl/Anke Lindmeier/Hendrik Härtig/Lorenz Kampschulte/Andreas Mühling/Julia Schwanewedel (Hrsg.): Medieneinsatz im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht. Fachübergreifende Perspektiven auf zentrale Fragestellungen. Hamburg: Joachim Herz Stiftung Verlag 2018.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Der digitale Wandel macht es erforderlich, über den Medieneinsatz im Fachunterricht neu nachzudenken, insbesondere über die Potenziale digitaler Medien für das Lehren und Lernen.

Zu diesem Thema fand im Juni 2016 am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel eine Expertentagung statt, auf der sich Vertreterinnen und Vertretern der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachdidaktiken sowie der Bildungswissenschaften und der Bildungsadministration austauschten. Diskutiert wurden theoretische und praktische Perspektiven zum Einsatz von Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachunterricht. Dabei lag der Fokus auf einem breiten Spektrum an Medien, das sowohl digitale wie auch klassische Medien umfasst.

In der vorliegenden Publikation sind die Ergebnisse der Tagung festgehalten. Der Sammelband enthält grundlegende, theoriebezogene Beiträge, aber auch konkrete Beispiele des Medieneinsatzes im Fach Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern, beispielsweise eine App zur Bestimmung von Pflanzen oder eine internetbasierte Diagnoseplattform für das Fach Mathematik. Benannt werden auch Chancen und Herausforderungen der verschiedenen Medien im Hinblick auf das Lernen und Lehren sowie Hürden bei der Entwicklung, Evaluation und Implementation beim Medieneinsatz.

Auf Grundlage der Diskussionen wurden fünf Fragestellungen herausgearbeitet, die aus Sicht der Expertinnen und Experten von zentraler Bedeutung für den Einsatz und die Implementierung von Medien in fachliche Lehr-Lern-Prozesse sind. Diese Fragestellungen strukturieren den Sammelband mit fünf Fachbeiträgen.

Die Publikation ist im Verlag der Joachim Herz Stiftung erschienen. Die Stiftung möchte neben ihrer überwiegend operativen Arbeit die gesellschaftlichen und fachlichen Diskurse mit Sach- und Fachbüchern um die Perspektiven ausgewiesener Expertinnen und Experten bereichern,  Handreichungen für Lehre und Unterricht geben, neue Forschungsfelder erschließen sowie Impulse für die Stiftungsarbeit und gesellschaftliche Entwicklungen liefern.  

Wichtige Ergebnisse

1. Funktionen von Medien für das Lehren und Lernen

Allgemein werden digitalen Medien große Potenziale für das Lehren und Lernen in der Schule zugesprochen. Um diese Potenziale nutzen zu können, müssen die Lehrkräfte jedoch die Möglichkeiten und Grenzen eines anforderungs- und situationsgerechten Einsatzes von digitalen Medien kennen. Allerdings bleibt nach Ansicht der Herausgebenden häufig unklar, was damit im Detail gemeint ist. Es stelle sich die grundlegende Frage, welche Funktionen Medien im Mathematik-, Biologie-, Chemie- und Physikunterricht überhaupt erfüllen können.

Ausgehend von mediendidaktischen Ansätzen werden im ersten Kapitel mögliche Funktionen von Medien in Lehr-Lern-Prozessen dargestellt. Deutlich wird dabei, das sich manche Medien aufgrund ihrer Eigenschaften für bestimmte Zwecke besser eignen als andere. Ziel sollte eine möglichst gute Passung zwischen fachlichem Lernziel und Medieneinsatz sein. Diskutiert wird auch die Frage, welche besondere Funktion die neuen digitalen Medien im fachlichen Lernprozess haben und wie sie sich von nicht digitalen Medien unterscheiden. Die dazu angeführten Beispiele stammen aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich.

2. Chancen und Herausforderungen beim Einsatz von Medien

Es besteht weitgehend Konsens, dass die Digitalisierung inzwischen nahezu alle Bereiche des alltäglichen Lebens durchdringt und digitale Medien für Schülerinnen und Schüler im Alltag mittlerweile allgegenwärtig sind. Es liegt daher nahe, das  Potenzial digitaler Medien auch im Fachunterricht zu nutzen. Allerdings ist die „Bedienung“ von Medien aus Sicht der Autoren nicht mit „Benutzung“ gleichzusetzen. Im zweiten Kapitel wird dieser Differenzierung aus der Perspektive der Didaktik der Informatik und der Medienpädagogik auf den Grund gegangen und aufgezeigt, welche Kompetenzen Lehrende und Lernende brauchen, um Medien angemessen nutzen zu können. Es wird darauf hingewiesen, dass das Fach Informatik durch die doppelte Nutzung von Medien als Lerngegenstand und Lernwerkzeug einen Beitrag zur Allgemeinbildung leisten kann.

3. Innovation durch digitale Medien im Fachunterricht?

In der aktuellen Debatte werden digitalen Medien häufig  innovative Potenziale für den Fachunterricht zugeschrieben, die erfolgreiches Lernen unterstützen können. Deshalb wird ihre Anschaffung empfohlen und flächendeckend gefördert. In diesem Zusammenhang wird im dritten Kapitel die Frage gestellt, ob das Lernen mit digitalen Medien tatsächlich als Innovation gelten kann und wirklich mit einer fundamentalen und nachhaltigen Veränderung des Lernens in der Schule einhergeht. Dabei wird deutlich gemacht, dass der Einsatz von Medien im Fachunterricht wesentliche Merkmale einer Innovation erfüllen kann. Die Bedingungen und Wirkungen des Einsatzes digitaler Medien sind im Fachunterricht aber bisher nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht worden. Deshalb benennen die Autorinnen und Autoren Ansatzpunkte, wie innerhalb der Fachdidaktiken der wissenschaftliche Diskurs über das Neue an digitalen Medien qualitativ gestärkt werden kann. Die mit dem digitalen Wandel verbundenen Herausforderungen könnten so offensiv und systematisch angegangen werden.

4. Diagnostizieren von Lernprozessen und Lernprodukten mit digitalen Medien

Deutlich wird im vierten Kapitel, dass die bloße Verfügbarkeit von Medien allein nicht ausreicht, um Lehr-Lern-Prozesse zu beeinflussen und zu verbessern. Vielmehr gelte es, Medien zielführend im Unterricht einzusetzen, also die zu erreichenden fachlichen Kompetenzen bewusst bei der Auswahl von Medien mitzudenken. Daraus resultiert die Forderung nach medien- und fachdidaktischen Konzepten, um vor allem digitale Medien im Unterricht nachhaltig zu implementieren und das Lernen dadurch zu verbessern. Als eine Möglichkeit wird die konstruktive Unterstützung der Schülerinnen und Schüler in ihrem individuellen Lernprozess gesehen. Hier würden digitale Medien die Chance bieten, den Blick der Lehrkraft stärker auf den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler und weniger stark auf die Lernprodukte zu lenken. Dieses Kapitel thematisiert auch die formative und summative Diagnose anhand von Beispielen: Wie ist es möglich, computergestützt zu diagnostizieren und die so gewonnenen Informationen für das Anpassen von Lehr-Lern-Prozessen zu nutzen?

5. Lernortübergreifende Mediennutzung

Mit der Digitalisierung ist auch die Hoffnung verbunden, dass durch die Verbreitung von digitalen Endgeräten Anwenderinnen und Anwender theoretisch an jedem Ort jederzeit lernen können. Auch Schulen nutzen als Ergänzung zum Unterricht zunehmend Lehr-Lern-Angebote von außerschulischen Lernorten wie Museen oder Schülerlaboren. Dabei stellt sich die Frage, wie die verschiedenen Lernorte vernetzt werden können, um kohärentes fachliches Lernen zu ermöglichen. Im fünften Kapitel wird erläutert, welche Passungsprobleme an den Schnittstellen zwischen schulischen und außerschulischen Lernorten auftreten können. Dabei wird deutlich, dass für eine gelingende Unterrichtsentgrenzung der Lernräume eine aktive Gestaltung der Schnittstellen zentral ist. Im Anschluss wird aufgezeigt, wie gerade der Einsatz von (digitalen) Medien zur Vernetzung verschiedener Lernorte beitragen kann.

6. Entwicklung einer Heuristik für den Medieneinsatz im Fachunterricht

Nachdem in den ersten fünf Kapiteln des Buches der Medieneinsatz im Fachunterricht aus fachdidaktischer Perspektive in Bezug auf unterschiedliche Aspekte beleuchtet wurde, wird am Schluss die Frage behandelt, ob für das Lernen im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich allgemeine Merkmale eines zielgerichteten Medieneinsatzes identifiziert werden können. Ausgehend von den Leitfragen der ersten fünf Kapitel und basierend auf weiteren theoretischen Überlegungen wird im sechsten Kapitel eine Heuristik für den Einsatz von Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht sowie für die Merkmale des Medieneinsatzes vorgeschlagen. Anhand dieser Heuristik soll es zukünftig möglich sein, Merkmale des Medieneinsatzes im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht aus Sicht der Fachdidaktiken interdisziplinär vergleichend zu beschreiben und zu systematisieren. Die Charakterisierung soll dabei immer vor dem Hintergrund von fachlichen Lernzielen erfolgen. Zukünftig wäre es so möglich, unterschiedliche Einsatzszenarien von Medien hinsichtlich ihrer Qualität für das Lernen zu bewerten.