Individuelle Förderung mit digitalen Medien
- Handlungsfeld
- Digitale Transformation
- Bildungsabschnitt
- Schulische Bildung/Schulbildung
Thema
Individuelle Förderung mit digitalen Medien in Schule und Unterricht
Herausgeberschaft
Bertelsmann Stiftung
Autoren/Autorinnen
Richard Heinen/Michael Kerres
Erscheinungsort
Gütersloh
Erscheinungsjahr
2015
Stiftungsengagement
Bertelsmann Stiftung
Literaturangabe
Richard Heinen/Michael Kerres: Individuelle Förderung mit digitalen Medien. Handlungsfelder für die systematische, lernförderliche Integration digitaler Medien in Schule und Unterricht. Hrsg. v. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh 2015.
Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise
Hintergrund ist, dass Kinder und Jugendliche heute ganz selbstverständlich mit digitalen Medien aufwachsen (zum Beispiel mit Computer, Smartphone, Tablet), die ihren Alltag prägen. Die digitalen Medien bergen Chancen und Risiken für den Einzelnen. Schulen in Deutschland stehen vor der Aufgabe, die Heranwachsenden zu einem selbstbestimmten und kritischen, aber auch produktiven und kreativen Umgang mit digitalen Medien zu befähigen. Hierbei geht es nicht nur um Medienkompetenz und wie Schülerinnen und Schüler individuell in ihren Möglichkeiten unterstützt werden können, sondern auch um das Potenzial digitaler Medien für das fachliche Lernen und um den Beitrag digitaler Medien zur Verbesserung des schulischen Lehrens und Lernens.
Die Studie von Richard Heinen und Prof. Dr. Michael Kerres (Learning Lab der Universität Duisburg-Essen) beschäftigt sich mit der Frage, wie Schulen den Prozess der Medienintegration als Handlungsfeld der Schulentwicklung gestalten können: Die Autoren machen Vorschläge zur stufenweisen Integration digitaler Medien in Schule und Unterricht und entwickeln ein Kriterienraster, das Schulen Anhaltspunkte gibt, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um digitale Medien in Schulen systematisch einzuführen und damit individuelle Förderung zu unterstützen.
Ziel ist es, Schulen dabei zu unterstützen, eine zeitgemäße Lernkultur mit digitalen Medien zu etablieren, die Kinder und Jugendliche in ihrer Vielfalt individuell fördern kann. Die drei beschriebenen Fallbeispiele zeigen auf, welche unterschiedlichen Wege Schulen dabei gehen können. Mit den Handlungsempfehlungen sollen Schulleitungen und Steuergruppen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die Potenziale digitaler Medien für die individuelle Förderung im Rahmen einer gezielten Schulentwicklung genutzt werden können.
Wichtige Ergebnisse
Die wesentlichen Ergebnisse der Studie lauten, dass digitale Medien Lernprozesse individualisieren helfen und das selbstständige Lernen der Schülerinnen und Schüler unterstützen können. Im besten Fall stelle ein mit digitalen Medien ergänzter und unterstützter Unterricht die Fortsetzung guter individueller Förderung mit anderen Mitteln dar. Wenn eine Schule die Weiterentwicklung ihres Unterrichts als eine gemeinsame, integrale Aufgabe der Schulentwicklung versteht, werde sich der Unterricht wirksamer verbessern, als wenn dies dem zufälligen Engagement einzelner Lehrkräfte überlassen bleibt. Individuelle Förderung mit digitalen Medien könne auf ganz unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Um die Potenziale digitaler Medien für das schulische Lernen – und insbesondere für die Individualisierung von Lernprozessen – nutzbar zu machen, bedürfe es einer aktiven und kontinuierlichen Gestaltung in einem langfristigen Prozess.
Die Autoren schlagen folgende Schritte bei der Umsetzung vor:
Eine Schule sollte zunächst eine Bestandsaufnahme machen, wann, wo und wie bereits mit digitalen Medien gearbeitet wird. Diese Ist-Analyse mediendidaktischer Szenarien sollte auch unter dem Blickwinkel individueller Förderung erfolgen.
In einem zweiten Schritt sollte eine Schule eine gemeinsame Vision oder Zielsetzung formulieren, wie im eigenen Kontext individuelle Förderung mit digitalen Medien unterstützt werden kann. Dabei sollten möglichst viele Kolleginnen und Kollegen beteiligt werden.
Beispielhafte Komponenten einer langfristigen Zielsetzung könnten sein:
- Die Lernenden erwerben kontinuierlich und systematisch Medien- und Methodenkompetenz, um (digitale) Medien selbstgesteuert in ihre Lernprozesse integrieren zu können.
- Die Schule nutzt digitale Medien, um den Lernstand sowie Stärken und Schwächen einzelner Schülerinnen und Schüler diagnostizieren zu können.
- Die Schule stellt den Lernenden digitale und multimediale Lern- und Arbeitsmaterialien bereit, damit sie diese Materialien passend zu ihrem Lernstand auswählen und bearbeiten können.
- Digitale Medien werden in der Schule eingesetzt, um die Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden und unter den Lernenden zu unterstützen.
- Digitale Medien werden genutzt, damit alle am Lernprozess Beteiligten sich besser Feedback zu Lernergebnissen und -prozessen geben können und um Lernprozesse sichtbar zu machen.
Um diese Ziele erreichen zu können, seien langfristige, geplante und kontinuierlich reflektierte Entwicklungsprozesse in unterschiedlichen Handlungsfeldern erforderlich. Zudem müsse das Vorgehen in diesem Bereich in eine Gesamtstrategie der Schule eingebunden werden. Nur so könnten sich die Potenziale digitaler Medien und des Engagements der Lehrkräfte für alle Beteiligten entfalten.
In einer Erprobungsphase geht es vor allem darum, dass eine (kleine) Gruppe von Lehrkräften beginnt, Arbeitsweisen und Handlungspraxen zu auszuprobieren. Die Schulleitung könne hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie für diese Gruppe unterstützende Rahmenbedingungen schafft und Ergebnisvorgaben macht.
In einer Einführungsphase können die bereits gewonnenen Erfahrungen dann systematisiert werden. Spätestens jetzt sollte eine Steuergruppe eingerichtet werden, die den weiteren Prozess steuert, mit der Schulleitung abstimmt und gegenüber dem Kollegium vertritt. In dieser Phase sei es wichtig, dass für das Kollegium eine Verbindlichkeit entsteht und klar wird, in welchen Bereichen wie gearbeitet werden soll.
In der nächsten Phase geht es um die systematische Ausbreitung der neu gewonnenen Vorgehensweisen. Hier stellt sich zum Beispiel die Frage, ob Ausstattung und Support mit der wachsenden Nutzung Schritt halten können und für Finanzierung und Wartung der Technik nachhaltige Konzepte entwickelt wurden. Mit der Stufe der Integration sei der Prozess aber noch nicht abgeschlossen. So müsse es einer Schule auch gelingen, die etablierte Vorgehensweise kontinuierlich zu reflektieren und weiterzuentwickeln.
Nach Ansicht der Autoren ist es von entscheidender Bedeutung, dass eine Schule das Thema individuelle Förderung und deren Unterstützung durch digitale Medien als systematischen Schulentwicklungsprozess begreift, der über einen längeren Zeitraum und stufenweise abläuft. Notwendig sei dabei die Unterstützung durch die Schulleitung und eine planvolle Koordination durch eine Steuergruppe. Nur so könne es auf Dauer gelingen, dass alle Schülerinnen und Schüler verlässlich individuell gefördert werden und digitale Medien gut nutzen können.
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