Studie

Hochschul-Barometer 2015

Thema

Lage und Entwicklung der Hochschulen aus Sicht ihrer Leitungen

Herausgeberschaft

Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft

Autoren/Autorinnen

Pascal Hetze/Elena Mostovova

Erscheinungsort

Essen

Erscheinungsjahr

2016

Stiftungsengagement

Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Heinz Nixdorf Stiftung

Literaturangabe

Pascal Hetze/Elena Mostovova: Hochschul-Barometer 2015. Lage und Entwicklung der Hochschulen aus Sicht ihrer Leitungen. Hrsg. v. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Essen 2016.

Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise

Das Hochschul-Barometer ist Teil der gemeinsamen Initiative „Innovationsfaktor Hochschule“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft und der Heinz Nixdorf Stiftung. Für das Hochschul­-Barometer befragt der Stifterverband jährlich Hochschulleitungen in Deutschland zu ihrer Einschätzung der aktuellen Lage der Hochschulen, zu Herausforderungen und geplanten Entwicklungen. Ziel ist es, die Öffentlichkeit auf die Belange der Hochschulen aufmerksam zu machen und Hinweise an Politik und Wissenschaftsförderer für Verbesserungen im Hochschulbereich zu geben. Jedes Jahr erfasst die Erhebung Kernindizes zu den Rahmenbedingungen, den Partnerbeziehungen und der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen. Neben einem festen Fragenblock zur Bildung des Stifterverband­-Index werden jedes Jahr unterschiedliche Schwerpunktthemen behandelt.

Der Stifterverband­-Index für die deutschen Hochschulen bildet anhand von 17 Indikatoren die Einschätzungen der Rektorinnen und Rektorinnen sowie Präsidentinnen und Präsidenten zur aktuellen und erwarteten Situation an den Hochschulen ab. Die mögliche Bandbreite der Indizes variiert von –100 (extrem negative Stimmung) bis +100 Punkte (extrem positive Stimmung). Inhaltlich unterteilen sich die Indikatoren in folgende drei Bereiche:

  • Rahmenbedingungen: Hochschulautonomie, Ausstattung der Infrastruktur in Forschung und Lehre, Personalsituation in Wissenschaft und Management sowie Finanzierungssituation,
  • Gesellschaftliche Einbettung: Kooperationen der eigenen Hochschule mit anderen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sowie gesellschaftliches Klima für die Hochschulen insgesamt,
  • Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Hochschule in der Forschung und Lehre sowie Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulstandorts Deutschland.

Die jeweilige Grundgesamtheit der Befragungen umfasst alle deutschen Hochschulen, die zum Befragungszeitpunkt staatlich oder staatlich anerkannt sind und unbeschränkten Studienzugang bieten. Zum Zeitpunkt der letzten Befragung (Dezember 2015 bis Januar 2016) waren es 395 Hochschulen.

Das Hochschul­-Barometer erzielte in allen fünf Jahren einen Rücklauf von 40 bis 56 Prozent. Auch wurde die Vielfalt der deutschen Hochschullandschaft mit den verschiedenen Hochschultypen widergespiegelt. Die Ergebnisse werden auf dieser Basis von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die die Studie durchgeführt haben, als aussagekräftig und repräsentativ für die deutsche Hochschullandschaft bewertet. Weiterführende Informationen und die Ergebnisse der vorangegangenen Befragungen finden sich unter www.hochschul-barometer.de.

Wichtige Ergebnisse

Ausgewählte Ergebnisse der Befragung von Hochschulleitungen

  1. Die Mehrheit der Hochschulleitungen bewertet die aktuelle Lage sowie die Perspektiven eher positiv, die Einschätzung zukünftiger Perspektiven ist etwas weniger optimistisch. Unterschiede zeigen sich nach Hochschultyp und -größe: So sind zum Beispiel die Leitungen privater Hochschulen insgesamt zufriedener als die der staatlichen Einrichtungen. Unter den staatlichen Hochschulen bewerten die Leitungen der Universitäten, die im Rahmen der Exzellenzinitiative gefördert wurden, ihre aktuelle und zukünftige Situation am besten, kleine staatliche Fachhochschulen am schlechtesten. Die Leitungen großer Hochschulen mit mehr als 10.000 Studierenden äußern sich tendenziell optimistischer.
  2. Die Hochschulleitungen bewerten die Rahmenbedingungen eher negativ: in Bezug auf ihre Entscheidungskompetenzen für eine effiziente Hochschulgovernance, eine adäquate Infrastruktur, finanzielle Spielräume und rechtliche Freiheiten zur personellen Entwicklung der Hochschule. Besonders alarmiert zeigen sie sich über die Entwicklung der infrastrukturellen Ausstattung ihrer Einrichtung. Die Hochschulen melden hier einen hohen Nachholbedarf (Investitionslücke von rund 26 Milliarden Euro durch ausgebliebene Investitionen in Gebäude, Lehrmaterial und technische Ausstattung). Sie sehen eher weniger finanzielle Handlungsspielräume und mehr Herausforderungen bei der Personalsituation als vor fünf Jahren. Dabei zeigen sich große regionale Unterschiede bei der Bewertung.
  3. Die großen bundesweiten Förderprogramme werden von einer Mehrheit der Hochschulleitungen als wirkungsvoll für das Hochschulsystem erachtet. Die höchste Zustimmung erreicht der Qualitätspakt Lehre für bessere Betreuungs-­ und Lehrqualität. Drei Viertel der Hochschulleitungen meinen, dass die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder bisher wirksame Impulse für das gesamte Hochschulsystem erzeugt hat, doch sollten künftig auch Themen des regionalen Wissens­ und Technologietransfers sowie der wissenschaftliche Nachwuchs stärker gefördert werden. Der Exzellenzbegriff sollte nicht nur Forschung beinhalten, sondern auf Lehre und Transfer erweitert werden. Die Politik sollte regionale Kooperationen stärker fördern. Universitäten bewerten ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Forschung insgesamt als hoch, am höchsten die Universitäten, die aktuell mit Exzellenzmitteln gefördert werden. Fast die Hälfte der Hochschulleitungen ist der Ansicht, dass sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Hochschulsystems in den nächsten fünf Jahren verbessern wird, nur zehn Prozent fürchten Verschlechterungen.
  4. Die befragten Hochschulleitungen bewerten Kooperationen überwiegend positiv. Am besten arbeiten Hochschulen demnach mit Unternehmen aus der Region zusammen. Aber auch andere Hochschulen im In­- und Ausland sind geschätzte Partner. Etwas schlechter fällt die Bewertung der Kooperation mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen aus, was vor allem auf die Einschätzung der Fachhochschulen zurückzuführen ist. Auch steigt die Bedeutung von Kooperationen mit der Zivilgesellschaft (Wissenstransfer in die Gesellschaft, Bürgerforschung, Service Learning und bürgerschaftliches Engagement der Hochschule und ihrer Mitglieder), die von den befragten Hochschulleitungen in den vergangenen fünf Jahren zunehmend besser bewertet wurden. Hochschulen pflegen auch enge Kontakte zur Lokal­- und Landespolitik. Das Vertrauen in politische Partner vor Ort ist dabei besonders ausgeprägt, während die Zusammenarbeit mit der Landespolitik von unterschiedlichen Interessen auf beiden Seiten geprägt ist. Dennoch sagen 59 Prozent der befragten Hochschulleitungen, die Kooperation mit der Landespolitik sei (eher) gut.
  5. Noch studieren wenige Flüchtlinge in Deutschland, doch engagiert sich die große Mehrheit der Hochschulen schon mit eigenen Maßnahmen für die Integration von Flüchtlingen in den Hochschulalltag: 70 Prozent der befragten Hochschulleitungen sagen, dass Hochschulen eine wichtige Rolle bei der Integration von Flüchtlingen spielen – als Bildungseinrichtung und durch bürgerschaftliches Engagement ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der Studierenden. In 74 Prozent der Hochschulen ist eine Person ausdrücklich für die Entwicklung und Umsetzung der Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge zuständig. 72 Prozent aller befragten Hochschulen und sogar 98 Prozent der Universitäten haben Unterstützungsmaßnahmen für Flüchtlinge entwickelt, etwa Projekte zur Vorbereitung auf ein Studium oder finanzielle Hilfen wie der Erlass von Studienbeiträgen. 82 Prozent arbeiten mit regionalen Akteuren zusammen, zum Beispiel mit anderen Bildungseinrichtungen, Behörden und Hilfsorganisationen.

Deutlich werden Chancen und Herausforderungen für die Zukunft: Bisher ist der Anteil von Flüchtlingen an deutschen Hochschulen mit 0,6 Prozent noch sehr gering (Studierende mit Fluchthintergrund, die sich im Wintersemester 2015/16 entweder als reguläre Studierende oder als Gasthörerinnen und Gasthörer eingeschrieben haben). 40 Prozent der Hochschulleitungen wissen nicht, wie hoch die Anzahl der Flüchtlinge an ihrer Hochschule aktuell ist. 48 Prozent der Befragten meinen, dass die Hochschulen etwa aufgrund fehlender Finanzen und Kapazitäten noch nicht gut auf die Integration von Flüchtlingen in Studium und Lehre vorbereitet sind. Besonders skeptisch sind private Hochschulen mit 73 Prozent. 37 Prozent der Hochschulleitungen sind der Meinung, die Integration von Flüchtlingen gibt Impulse für Studium und Lehre, zum Beispiel durch mehr digitale Lernformate, stärkere Modularisierung oder engere Kooperation mit anderen Einrichtungen wie Jobcentern. 34 Prozent sehen dieses Potenzial nicht, der Rest blieb unentschieden.