Gebrauchsanweisung fürs lebenslange Lernen
- Handlungsfeld
- Wirtschaft
- Bildungsabschnitt
- Aus- und Weiterbildung
Thema
Weiterbildung in Betrieben
Herausgeberschaft
Vodafone Stiftung Deutschland
Erscheinungsort
Düsseldorf
Erscheinungsjahr
2016
Stiftungsengagement
Vodafone Stiftung Deutschland
Literaturangabe
Vodafone Stiftung Deutschland (Hrsg.): Gebrauchsanweisung fürs lebenslange Lernen. Erkenntnisse zur Weiterbildung und wie Betriebe sowie Mitarbeiter sie einsetzen können. Düsseldorf 2016.
Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise
Hintergrund ist die sich wandelnde Arbeitswelt: Sie zeigt sich zum Beispiel in Veränderungen von Berufsfeldern durch technologischen Wandel und in neuen Herausforderungen für die wirtschaftliche Entwicklung und die Arbeitsprozesse auf dem Arbeitsmarkt. Berufstätige müssen ihre Kompetenzen und Fähigkeiten diesem Wandel anpassen und auch nach dem Abschluss von Schule, Ausbildung und Studium weiter lernen. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass lebenslanges Lernen und Weiterbildung für alle Menschen zu einer Selbstverständlichkeit werden muss.
Im Mittelpunkt der Studie steht die Frage, was unter „lebenslangem Lernen“ zu verstehen ist und unter welchen Bedingungen Weiterbildung erfolgreich sein kann. Die Hochschule für angewandtes Management führte dafür eine bundesweite Befragung von mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Betrieben unterschiedlicher Größen und Branchen durch, unterstützt von der Vodafone Stiftung und Prof. Dr. Michael Heister (Bundesinstitut für Berufsbildung, BIBB).
Wichtige Ergebnisse
Zentrale Ergebnisse der Befragung lauten:
- Ein großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter will sich weiterbilden, fühlt sich von den Unternehmen, insbesondere von Führungskräften, in Bezug auf Lernkultur und Lernumgebung aber nicht genügend unterstützt.
- Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewerten ihr eigenes Lernverhalten als mangelhaft. Als Hauptpunkte werden zu wenig Zielsetzung und Durchhaltewillen sowie schlechtes Zeitmanagement genannt.
- Positive Lernmotivation kann als entscheidender Faktor für nachhaltigen Lernerfolg betrachtet werden.
Formuliert werden folgende Anstöße für die Bildungspolitik:
- Dass Weiterbildung für die berufliche Zukunft unverzichtbar ist, ist vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ohne Hochschulabschluss und Berufsausbildung bewusst. Fast zwei Drittel dieser Gruppe beteiligen sich aber gar nicht oder kaum an Weiterbildungsangeboten. Hier müssten dringend politische Anreize gesetzt und zusätzliche Angebote geschaffen werden.
- Die Freude am Lernen ist bei rund der Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeprägt vorhanden. Diese positive Lerndisposition sollte aufgenommen werden, indem die Beschäftigten „abgeholt“ und begleitet werden.
- Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen computergestütztes Lernen zwar als Bereicherung an, möchten mehrheitlich aber keine weitere Ausweitung dieser Lernangebote. Da rund die Hälfte der Befragten gerne im Austausch miteinander lernt, sollten von den Betrieben vermehrt kollaborative Formen des Lernens angeboten werden.
- Jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nach den Ergebnissen der Befragung besser im Umgang mit der Technik, ältere besser im kritischen Hinterfragen von Inhalten. Gerade jüngere Beschäftigte nehmen gerne eine beobachtende Rolle ein. Für Lehrende würde das bedeuten, dass neben dem selbstständigen Erarbeiten von Lerninhalten in bestimmten Lehrsituationen auch weiterhin Frontalunterricht (Erläutern und Zuhören) eingesetzt werden sollte.
Darüber hinaus werden in der Publikation Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Akteursgruppen in Unternehmen gegeben.
Handlungsempfehlungen für Lernende:
Da an die lernenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer mehr Verantwortung im Hinblick auf die eigenen Weiterbildungsprozesse delegiert wird, sei ein Umdenken, aber auch ein Umlernen von Verhaltensweisen und Kompetenzen erforderlich. Selbstgesteuertes Lernen biete viele Vorteile, etwa bei der Auswahl von Inhalten und Vorgehensweisen. Wichtig sei dabei jedoch ein strukturiertes Vorgehen. So müsse zuallererst nach dem individuellen und dem organisatorischen Nutzen einer Weiterbildung gefragt werden. Darauf aufbauend sollten Lern- und Zwischenziele gesetzt werden, die das Lernen erleichtern und Erfolge sichtbar machen. Auch das Reflektieren des eigenen Lernens wird als wichtig erachtet.
In der praktischen Durchführung würden folgende Faktoren das Lernen erleichtern:
- sich Lernzeiten schaffen und einen ruhigen Lernort suchen,
- Lernen im Austausch mit anderen als Geben und Nehmen verstehen und nutzen,
- individuelle Belohnungen mit sich vereinbaren, um sich zum Lernen zu animieren (Rituale können dabei hilfreich sein),
- Gelerntes im Arbeitskontext üben und anwenden.
Um eine Kultur des selbstgesteuerten Lernens zu etablieren, sollten die Beschäftigten auch ihren Unterstützungsbedarf und ihre Erwartungen gegenüber der Führungsebene und der Personalentwicklung klar kommunizieren und einfordern.
Handlungsempfehlungen für Führungskräfte:
Als Ausgangspunkt sollte die Freude am Lernen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefördert werden. Zur Förderung gehöre, Lernleistungen durch Lob und Anerkennung zu würdigen. Insbesondere für ältere Beschäftigte sei es zudem wichtig, ihnen Perspektiven für Weiterentwicklungen aufzuzeigen. Das größte Defizit wird im Lernmanagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesehen.
Hier gelte es, als Lerncoach den Prozess auf folgende Weise zu begleiten:
- Lernziele für jedes Lernvorhaben etablieren,
- in kritischen Momenten im Lernprozess ansprechbar sein,
- Feedback geben und Anreize schaffen, um das Durchhalten beim Lernen zu unterstützen,
- Lernen im Team und eine offene Kommunikation fördern,
- Freiräume, Lernzeiten ermöglichen und Übungsmöglichkeiten zur Anwendung des Gelernten schaffen,
- gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern individuell das Lernen reflektieren (entkoppelt von Performancegesprächen).
Führungskräfte bestimmen maßgeblich die Lernkultur eines Unternehmens. Diese Lernkultur könnte durch einen bestimmten Umgang mit Fehlern, durch Interesse an der Weiterentwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch durch passende individuelle Lernangebote gefördert werden.
Handlungsempfehlungen für Verantwortliche der Personalentwicklung:
Insbesondere im Transformationsprozess zum selbstgesteuerten Lernen erweist sich die Personalentwicklung als erfolgsentscheidend. Da eine Grundvoraussetzung für selbstgesteuertes Lernen die Lernbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, sollte diese aktiv gefördert und unterstützt werden.
Wichtig seien vor allem die Wertschätzung von Lernanstrengungen und die Förderung der individuellen Lernkompetenzen, indem
- strukturierte Lernprozesse unterstützt werden, zum Beispiel durch eine klare Formulierung von Lernzielen und einer Begleitung des Transfers in den Arbeitskontext,
- Weiterbildungsangebote kommuniziert sowie Beratung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten werden,
- Lernfreiräume für ablenkungsfreies Lernen geschaffen werden,
- Führungskräfte geschult werden, damit sie andere Beschäftigte im Lernprozess als Lerncoaches begleiten und unterstützen können.
Zudem sollte eine ausreichende Medienkompetenz in Bezug auf die Nutzung und den kritischem Umgang mit Medien bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sichergestellt werden, damit IT-gestützte Lernformate eingesetzt werden können. Soziale Lernformate werden als gute Bausteine für individuelle Lernprozesse betrachtet. Dafür müsse jedoch die Kooperationskompetenz gefördert und Offenheit im Unternehmen sichergestellt werden.
Je größer das Unternehmen ist, desto wichtiger sei das Matching von Lernpartnerinnen und Lernpartnern, etwa Tandemlernen von jüngeren und älteren Beschäftigten. Die Personalentwicklung könne eine moderne Lernkultur im Unternehmen durch Unterstützung und Begleitung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Schulung von Führungskräften zum Lerncoach fördern. Zentrale Elemente seien dabei die Beratungsfunktion, lernergebnisorientierte Kommunikation von Angeboten und eine lernfreundliche Umgebung.
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