Elternratgeber Computerspiele
- Handlungsfeld
- Digitale Transformation
Thema
Medienkompetenz im Umgang mit Computerspielen
Herausgeberschaft
Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle/Stiftung Digitale Spielekultur
Erscheinungsort
Berlin
Erscheinungsjahr
2016
Stiftungsengagement
Stiftung Digitale Spielekultur
Literaturangabe
Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle/Stiftung Digitale Spielekultur (Hrsg.): Elternratgeber Computerspiele. Berlin 2016.
Ziel, Fragestellung, Vorgehensweise
Ausgangspunkt ist, dass Computerspiele bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt sind, weil sie Freiräume, Spaß und Unterhaltung bieten. Manche Spiele hätten sehr große Lerneffekte und könnten wertvolle Grundlagen für den Erwerb von technischen und kommunikativen Fähigkeiten schaffen. Computerspiele zeigten aber auch problematische Aspekte, wie zum Beispiel Gewaltdarstellungen oder exzessive Nutzung. Eine sinnvolle Medienerziehung in der Familie sei deshalb eine wichtige Grundlage für einen verantwortungsbewussten und reflektierten Umgang mit Computerspielen.
Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und die Stiftung Digitale Spielekultur haben einen Elternratgeber Computerspiele herausgegeben, um den Eltern bei der Medienerziehung ihrer Kinder Orientierung und Hilfestellung zu bieten. Die erweiterte Neuauflage greift zentrale Fragen und Problemstellungen aus dem Erziehungsalltag auf, etwa zum generellen Umgang mit Spielen, zur Auswahl geeigneter Angebote, zur empfohlenen Nutzungsdauer und zu technischen Maßnahmen der Nutzungsbeschränkung. Ein besonderer Fokus liegt auf der Nutzung digitaler Spiele durch Kinder im Vorschulalter.
Inhaltlich haben verschiedene Akteure bei der Erstellung der Handreichung mitgewirkt: das ComputerProjekt Köln e.V., das Institut Spielraum an der TH Köln sowie Prof. Dr. Stefan Aufenanger und Jun.-Prof. Dr. Jasmin Bastian von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Wichtige Ergebnisse
Empfehlungen
1. Interesse der Kinder ernst nehmen und gemeinsames Spielen als Familienzeit nutzen
Die Autoren weisen darauf hin, dass Kinder und Jugendliche Computerspiele meist als einen Bereich betrachten, in dem sie die Profis und die Wissenden sind. Deshalb würden sie Grenzen und Appelle der Eltern zum verantwortungsbewussten Umgang mit ihren Spielen oftmals nicht akzeptieren. Dies gelte besonders dann, wenn sie den Eindruck haben, dass die Einschränkungen und Spielregeln auf Unkenntnis und Vorurteilen der Eltern beruhen oder bloße Geschmacksurteile widerspiegeln. Eltern sollten deshalb versuchen, die Faszination ihrer Kinder für bestimmte Spiele ernsthaft nachzuvollziehen und aufrichtiges Interesse am Hobby ihres Kindes zu entwickeln. Sie sollten die pädagogische Einschätzung eines Spiels möglichst vom eigenen Geschmack trennen und den Kindern ihren Spaß lassen, solange die Inhalte altersgerecht sind.
Im Bereich der digitalen Spiele gebe es für alle Altersgruppen auch Angebote, die sich für unterhaltsame Abende in Gesellschaft eignen. Solche Computerspiele könnten als wertvolle gemeinsame Familienzeit genutzt werden.
2. Geeignete Spiele auswählen
Eltern sollten die Spiele am besten gemeinsam mit ihren Kindern aussuchen, da sie auf diese Weise viel über die Interessen und Vorlieben ihrer Kinder erfahren und die Auswahl im positiven Sinn beeinflussen können. Dabei sollte auf das Alterskennzeichen der USK geachtet werden, das darauf hinweist, dass die Entwicklung des Kindes in der jeweiligen Altersgruppe (nach den Regelungen des gesetzlichen Jugendschutzes) nicht beeinträchtigt wird. Allerdings gibt das USK-Zeichen keine Auskunft über den Schwierigkeitsgrad eines Spiels oder seine pädagogische Eignung. Bei fehlendem Kennzeichen ist Vorsicht geboten.
Nach Art. 6 des Grundgesetzes können Erziehungsberechtigte ihrem Kind auch mediale Inhalte zugänglich machen, die nicht für seine Altersstufe freigegeben sind. Bedingung ist jedoch, dass die Eltern ihre Erziehungspflicht nicht grob verletzen und anderen Kindern den Einblick auf das Spiel verwehren. Vor einer Erlaubnis sollten sich Eltern vor dem Kauf eines Spiels gründlich informiert haben und die pädagogische Eignung einschätzen können.
Eltern können sich zum Beispiel von einem Fachverkäufer beraten lassen, aber auch auf Webseiten wie der „Spielbar“ oder der Spieledatenbank „Schau hin“ informieren, wo neben gesetzlichen Alterskennzeichnungen auch hilfreiche pädagogische Einschätzungen zu finden sind. Orientierung bieten auch Preise oder Gütesiegel für Kinder- und Jugendspiele, zum Beispiel die Gigamaus, der Kindersoftwarepreis oder der Deutsche Computerspielpreis.
3. Spielen im Vorschulalter begleiten
Manche Spiel- und Lernprogramme sind auf Kinder im Vorschulalter zwischen drei und sieben Jahren zugeschnitten. Eltern sollten sich aber auf jeden Fall selbst informieren und eigene Medienkompetenz erwerben, um auf dieser Grundlage entscheiden zu können, was sie ihren Kindern zutrauen.
Aufgrund der Besonderheiten des kindlichen Gehirns seien in den ersten drei Lebensjahren Bildschirmmedien wenig sinnvoll, so die Autoren der Studie. Je nach Entwicklungsstand eines Kindes könne ab dem Alter von vier Jahren der stark begrenzte und eng begleitete Umgang mit digitalen Geräten aber förderlich sein. Gute Spiele für Kinder im Vorschulalter erkenne man zum Beispiel daran, dass sie spielend motivieren können, eine glaubwürdige Welt mit starken Protagonisten oder Protagonistinnen zeigen und dem Wunsch der Kinder zu lernen und zu entdecken gerecht werden. Spiele könnten auch in diesem Alter schon sehr gute Lernmedien sein und wichtige Fähigkeiten befördern, etwa kreatives Denken oder Kompetenzen zur Problemlösung und Kooperation, aber auch direkt Wissen vermitteln. Beim Spielen sollte neben dem Lernen aber immer der Spaß im Vordergrund stehen.
Im Vorschulalter sollten Eltern ihre Kinder beim digitalen Spielen stets begleiten und unterstützen und auch regelmäßig über das Erlebte und Gelernte mit ihren Kindern sprechen, etwa durch Fragen wie: „Was hat dir gut, was hat dir weniger gut gefallen?“ Auch in der digitalen Welt sollten sie immer Ansprechpartner für ihre Kinder bleiben.
4. Für Sicherheit bei der Online-Kommunikation sorgen
Bei vielen Online-Spielen besteht die Möglichkeit, mit anderen Spielenden in Kontakt zu treten, zu chatten oder Dateien auszutauschen. Häufig treten die Spielenden dabei anonym oder unter einem Pseudonym auf. Eltern sollten ihre Kinder über die Risiken aufklären, beispielsweise über den Versuch, persönliche Daten auszuforschen („Phishing“), und sie auch für die Annäherungsversuche Erwachsener sensibilisieren, die das Vertrauen von Minderjährigen ausnutzen wollen („Grooming“).
Auch in Spielwelten wollten manche Nutzerinnen und Nutzer die Kommunikationskanäle für virtuelles Mobbing missbrauchen. Darauf sollten Eltern reagieren: In vielen Spielen besteht die Möglichkeit, Nachrichten von bestimmten Spielenden direkt zu blockieren („mute“). Bei zahlreichen Anbietern gibt es darüber hinaus eine direkte Meldemöglichkeit für unhöfliche, unlautere oder übergriffige Kommunikation. Sollten diese Möglichkeiten nicht bestehen, können Eltern zum Beispiel den Jugendschutzbeauftragten des Anbieters kontaktieren.
5. Spieldauer begrenzen und Vereinbarungen über Spielzeit treffen
Nach den Ergebnissen verschiedener Studien haben für Kinder und Jugendliche Aktivitäten wie das Treffen mit Freundinnen und Freunden, das Spielen im Freien, Sport, Musik und gemeinsame Familienunternehmungen einen hohen Stellenwert. Computer- und Videospiele sollten immer nur eine Ergänzung im Freizeitangebot darstellen und nicht zur dominanten Beschäftigung werden.
Spätestens wenn bei einem Kind aufgrund längerer Spieldauer oder einer Fixierung auf das Spielen zum Beispiel Symptome wie Kopfschmerzen, Gereiztheit, Antriebslosigkeit oder Nervosität festzustellen sind, sollten Eltern mit ihrem Kind klar definierte Spielzeiten vereinbaren. Da die Konzentrationsfähigkeit mit fortschreitendem Alter wächst, könnte die Spieldauer nach und nach ausgedehnt werden.
Die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, Landesstelle NRW empfiehlt je nach Alter eine tägliche Spieldauer von 20 bis 120 Minuten. Folgende Richtwerte pro Tag werden gegeben: Für Kinder bis sieben Jahre eine Nutzungsdauer von 20 bis 30 Minuten (unter Aufsicht), zwischen acht und zehn Jahren 60 Minuten, zwischen zehn und zwölf Jahren 75 Minuten und ab 12 Jahren 90 bis 120 Minuten (je älter, desto flexibler). Wichtig ist, dass gesetzte Regeln auch eingehalten werden, zum Beispiel dass nur am Wochenende gespielt oder kein Smartphone am Tisch geduldet wird.
Kinder sollten während längerer Spielzeiten immer auch kurze Pausen machen (ca. 15 Minuten pro Spielstunde). Bei jüngeren Kindern könnte es sinnvoll sein, das Spielen generell nur am Wochenende zu erlauben. Es ist empfehlenswert, gemeinsam mit dem Kind ein wöchentliches Zeitkontingent zu vereinbaren, das flexibel genutzt werden kann.
Bei der vereinbarten Spieldauer von Computerspielen sollte auch die Medienvielfalt berücksichtigt werden: Da Kinder und Jugendliche zahlreiche Medien nutzen, beispielsweise Spielkonsolen, Internet, Smartphone, Hörspiele oder TV, erscheint es sinnvoll, dass die Eltern mit ihren Kindern insgesamt eine Mediennutzungsdauer vereinbaren.
Eltern sollten auch technische Maßnahmen nutzen, um nicht altersgerechte Inhalte auszuschließen, Online-Käufe zu deaktivieren bzw. einzuschränken und die tägliche oder wöchentliche Spieldauer festzulegen. Dazu gehören zum Beispiel Jugendschutzfilter auf Smartphones und Computern oder Spielzeitbegrenzungen auf Spieleplattformen (z.B. Family Timer).